Die Weltpremiere fand bereits Ende September auf dem Filmfest Hamburg in Anwesenheit von Regisseur Uli Edel statt. Außerdem beehrten die Haupt- und einige der Nebendarsteller die Gäste im vollbesetzten Kinosaal, sowie Beteiligte aus den Gewerken hinter der Kamera wie Drehbuch, Schnitt, Kostüm und Produktion.
Der Trailer zum Film
Für das Filmfest sollte ein Trailer geschnitten werden, der Unterm Birnbaum im offiziellen Wettbewerbskatalog bewirbt und online gezeigt wird. Ein spannendes Projekt, das wir hier in Fulda produziert haben, und mir große Freude bereitete!
Zu diesem Zeitpunkt wurde noch an Bild und Ton des Films gearbeitet: Die Coloristen legten im Grading nach Vorgaben des Regisseurs einen Look fest, die Tonmischung wurde hergestellt, und der Komponist lieferte die Filmmusik. Deshalb erhielt ich als Basis für den Trailerschnitt den 90-minüter als unfertige Vorabversion, der aber von der Schnittreihenfolge verabschiedet ist. Diesen Status nennt man ‚Picture Lock‘ – die Szenenabfolge ist verbindlich definiert. Erst danach wird der Film technisch, optisch und akustisch finalisiert. In diesem Fall lief das eben parallel zum Trailerschnitt.
Sieben und filtern
Ein Filmtrailer muss die Handlung andeuten, ohne zu viel zu verraten, und dabei dem Zuschauer mit tollen Bildern Lust machen, den Film sehen zu wollen. Ich habe mir daher den Film erst einmal komplett angeschaut, und im Schnittsystem Markierungen mit Schlagworten gesetzt, wo mir prägnante Bilder, Sequenzen oder Aussagen von Charakteren aufgefallen sind, die für den Trailer in Frage kommen könnten. So hatte ich am Schluss ca. 300 Stellen markiert. Diese Fülle wurde in einem zweiten Schritt ausgedünnt, und auf dieser Basis eine Struktur für den Trailer entwickelt.
Stift und Papier 
Da ich bei aller Technikaffinität leidenschaftlich gern mit Stift und Papier arbeite, habe ich mir die Schlagworte und Zitate auf kleine Zettel notiert und vor mir auf dem Tisch arrangiert. Auf diese Weise konnte ich sehr plastisch schieben, rücken, ergänzen und entfernen und so eine Abfolge entwickeln. Diese wurde im Avid dann ‚nachgeschnitten‘. Das passte schon ganz gut, und ich musste nur wenige Szenen umarbeiten.
Schneiden und stückeln
Zitate werden aufgrund des flotten Schnittrhythmus‘ eines Trailer nur selten in kompletter Länge im ‚On‘ gezeigt (das bedeutet, dass man den Redner in voller Länge im Bild sieht). Sie werden eher mit anderen kurzen Bildern unterschnitten, die auch von einer völlig anderen Stelle im Film stammen können. Sie ergänzen das Gesagte, stellen Zusammenhänge her, oder können den Zuschauer auch bewusst verwirren oder in die Irre führen. Diese Inserts auszusuchen und zu platzieren stellt einen weiteren Schritt dar, sobald der grundlegende ‚Teppich‘ an Zitaten und Dialogen feststeht.
Musizieren und mischen
Was zu diesem Zeitpunkt im Trailer noch fehlte, war die Musik. Der Komponist hatte noch nicht die komplette Filmmusik komponiert und eingespielt, daher bediente ich mich aus der Auswahl, die bereits vorlag. Ich hörte mir die ca. 20 Stücke an, und verschlagwortete sie wie zuvor den Film. Notizen wie z.B. ‚flächig‘, ‚gruselig‘, ‚Akzent‘, ‚treibend‘ o.ä. halfen dann beim Arrangieren einer Musikcollage, die entsprechende Stellen schneller wieder aufzufinden.
Letztendlich erstellte ich noch eine grobe Tonmischung, sodass Musik, Geräusche und Dialog in einem guten Verhältnis zu hören sind. Zu akribisch musste ich in diesem Schritt nicht sein, denn wie beschrieben arbeiteten die Kollegen ja parallel an Farbe und Mischung des Spielfilms, d.h. Bild und Ton würden ohnehin nochmals ausgetauscht werden. Das funktioniert natürlich nur, wenn die Szenenabfolge identisch bleibt. Genau das ist Sinn und Zweck des ‚Picture Lock‘.
Diskutieren und feilen
Ich war mit dem Layout schon ziemlich zufrieden, und schickte es zur Freigabe. Das ganz besondere für mich: Abgestimmt habe ich mich direkt mit Regisseur Uli Edel! Und Uli Edel ist ja nicht ‚irgendwer‘. Uli Edel hat auch Regie geführt bei Der Baader Meinhof Komplex, der als bester fremdsprachiger Film Oscar-nominiert war. Er ist auch international tätig und hat gedreht mit Namen wie Willem Dafoe, Madonna, Christopher Walken, Richard Harris, Julian Moore, Sam Rockwell, Max von Sydow. Entsprechend war ich vor dem ersten Telefonat schon etwas aufgeregt. Aber das hat sich schnell gelegt, denn die Zusammenarbeit war wunderbar vertrauensvoll und partnerschaftlich. Uli hat mein Entwurf gut gefallen, was mich sehr freute. Wir haben zusammen mit seiner Cutterin Julia Oehring (z.B. Tatort, Polizeiruf 110, Das Adlon) toll produktiv diskutiert und am Trailer gefeilt, bis der Schnitt nur wenige Versionen später dann fertig war.
Finalisieren und optimieren
Wir hatten nun also auch für den Trailer einen ‚Picture Lock‘. Nach Erhalt der finalen Bildfassung und der finalen Tonmischung begann ich die technische Fertigstellung. Abgesehen vom reinen ‚Ersetzen‘ von ‚Layout-Bild/-Ton‘ gegen ‚Final-Bild/-Ton‘ wurden stellenweise manuelle Anpassungen vorgenommen. Zum Beispiel gibt es eine Szene mit Gewitter, in der es mächtig donnert. Im Schnitt wurde wie üblich erstmal ein beliebiges Gewittergrummeln aus einem Soundarchiv als Platzhalter untergelegt. Im ‚richtigen‘ Donnern, das später hinzugefügt wurde, ertönen die Donnerschläge in einem anderen Rhythmus, da sie exakt an die Blitze angepasst wurden. Ich habe den reinen Ton an anderer Stelle verwendet, um einen bestimmten Akzent zu untermalen. Entsprechend mussten sie leicht verschoben werden, um den Effekt im Trailer beizubehalten.
So finalisiert ging der Trailer noch einmal zur endgültigen Freigabe an die Regie, und wurde anschließend termingerecht ans Filmfest Hamburg angeliefert.
Lob und Dank
Die Resonanz war durchweg positiv: „Herzlichen Dank für den hervorragenden Trailer! Sehr spannend und eindringlich gemacht“ war nur eines der zahlreichen Feedbacks.
Auf der Premierenfeier in Hamburg war es toll, die Menschen in real zu treffen, die ich lediglich vom Telefon oder auch nur aus Vor- und Nachspann kannte. So konnte ich z.B. der Autorin persönlich danken für die vielen prägnanten Sätze, mit denen sich der Trailer schön geheimnisvoll gestalten ließ. Und wenn ein Uli Edel mir dann von Angesicht zu Angesicht nochmal dankt, dass ich ‚tolle Arbeit‘ beim Trailerschnitt geleistet habe, geht das natürlich runter wie Öl.
von Sascha Loffl